RENAISSANCE
BUNTER HOF - RÖSSINGSTRASSE

4. Leistung der integrierten Planung zum Erhalt der historischen Bausubstanz-Ergebnisse der energetischen Ressourcen schonenden Ertüchtigung zum Brandschutz

4.1. Brandschutztechnische Ertüchtigung der bauzeitlichen Innenwände in der Diele im 1. Obergeschoss (Raum 27)

Beim Entfernen der jüngeren Putzschichten konnten Fassungen aus der Erbauungszeit freigelegt werden. Die beiden bauzeitlichen Bundwände in der Diele im 1. Obergeschoss mit den ebenfalls erhaltenen bauzeitlichen Blendrahmen sollten auf Grund ihrer wertvollen Fassungsreste aus restauratorischer Sicht in der Planung fassungssichtig belassen werden.

Zur Kompensation der Abweichungen von den Forderungen der Landesbauordnung seitens des Brandschutzes konnte nach intensiven Gesprächen und Abwägungsfragen für die Decken, Wände und Fußböden eine "Heiße Bemessung von Holzbauteilen" durchgeführt werden.

Die Bemessung der Abbrandrate von Stützen mit einem Querschnitt von 28/22 cm in einer Bundwand bei zweiseitiger Beanspruchung und dem damit verbundenen Nachweis des Grenzzustandes der Tragfähigkeit erbrachte eine reelle Feuerwiderstandsdauer von 120 Minuten (1).
Die Stützen in der historischen Bundwand aus Eiche besitzen Querschnitte von 16/16. Somit konnten Forderungen seitens des Brandschutzes für den historisch wertvollen Bau hinsichtlich der Feuerwiderstandsdauer auf 30 min reduziert werden (2). Dieser Nachweis - bei gleichzeitigem Einbau der Brandmeldeanlage (3) als Kompensationsmaßnahme - ermöglichte hier den Erhalt und die Freilegung der historischen Fassungen der bauzeitlichen Fachwerkwände (4).
Abschließend erfolgte der Anstrich der Gefache mit einer Kalkkaseinfarbe. Die Gefache wurden mit einem Altweiß gestrichen, die Fachwerkkonstruktion mit einem hellen Grau. Ein drei Zentimeter breiter Begleiter wurde umlaufend in die Gefachfläche gezogen.
.
Abb. 1 Westliche Bundwand in der Diele, 1.OG (Raum 27)
.
Abb. 2 Östliche Bundwand in der Diele, 1.OG (Raum 27)
.
Abb. 3 freigelegte Fassungen, Ritter und Sonne, 1.OG (Raum 27)
.
Abb. 4 Variante 1, Einbau von Brandschutztüren mit Oberschließern

4.2. Brandschutztechnische Ertüchtigung der Türen im Wendelstein (Raum 11)

Die Türen im Wendelstein sollten zunächst als Rauchschutztüren gemäß DIN EN 16034 ausgeführt werden. Vorgesehen war jedoch der in situ Erhalt der wertvollen historischer Türen, deren Umrüstung zu Rauchschutztüren gem. DIN EN 16034 nicht vollumfänglich möglich war. Bei den raumtrennenden Türen zwischen Diele und Wendelstein handelt es sich um gestemmte Rahmenfüllungstüren mit einer symmetrischen Teilung in zwei Füllungsfelder. Sie sind mit einer eingeschobenen Brettfüllung geschlossen.
Beidseitig rahmen die Füllungsfelder aufgesetzte Füllungsleisten. Langbänder sorgen für die Drehbewegung der links angeschlagenen Türen und ein Kastenschloss mit Drücker und Türschild gewährleistet die Schließung. Während die beiden Türen der Renaissance im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss aus 5 cm starker Eiche bestehen, wurde die Rahmenfüllungstür im 2. Obergeschoss aus Nadelholz lediglich 2-3 cm stark ausgebildet. Angeschlagen sind die Türen in den Blendrahmen und den Ständer des Fachwerks mit Stützkloben.
.
Abb. 5 Spätere Ausführung nach intensiven Gesprächen, Einbringen eines Dichtungsbandes

Der Rahmen und das Futter waren mit schmiedeeisernen Nägeln mit der Fachwerkkonstruktion befestigt. Ein oberes Bekrönungsgesims mit Zahnschnittfries bildet den oberen Abschluss. Um Kompensationsmaßnahmen für den Einbau der historischen Türen und gleichzeitig einen größtmöglichen Rauchschutz zu erzielen, wurde in umfangreichen Gesprächen intensiv zwischen dem Prüfingenieur, dem Brandschutzgutachter, der Projektleitung/ Bauforschung und den Planern gearbeitet. Ausgangspunkt der Überlegungen war, dass der Wendelstein nicht genutzt wird. Die Türen zum Wendelstein werden verschlossen bleiben und nur zu besonderen Anlässen (Besichtigungen, Reparaturen) geöffnet. Grundsätzliche Kompensationsmaßnahme zur Sicherheit bildete auch hier eine Brandfrüherkennung über eine Brandmeldeanlage nach DIN 14675 (5). Die beiden Eichentüren im Erd- und 1. Obergeschoss mit einfachem Falz und Holzfutterzargen des 16. Jahrhunderts sollten zunächst mit einem Obertürschließer, Dichtungsband im Türrahmenfalz, im Schwellbereich sowie der Anschlussfuge der Füllungsfelder einseitig und dem Kastenschloss ausgeführt werden. Der Zwischenraum zwischen Türständer und Zarge sollte mit Mineralwolle ausgestopft werden. Nach intensiven Gesprächen mit dem Prüfingenieur für Brandschutz konnte der Einbau der Dichtungsbänder im Füllungs- und Kastenschlossbereich und Obertürschließer entfallen. Lediglich der Einbau der nicht brennbaren Dämmstoffe zwischen Türständer und Zarge und die Aufdopplung der Nadelholztür im 2. Obergeschoss mit 2,5 cm starken Eichenbohlen auf der Innenseite des Wendelsteins bildeten die Ertüchtigung der historischen Substanz.
.
Abb. 6 Umsetzung der Brandschutzmaßnahmen am Eichenholzrahmen
.
Abb. 7 Fertigstellung der Eichenholzrahmen mit brandschutztechnischer Ertüchtigung
.
Abb. 8 Ausführungsplanung zur brandschutztechnischen Ertüchtigung der Türen zum Wendelstein
.
Abb. 9 Verlegung der Holzweichfaserdämmung im Dachraum auf 21 mm starke Bohlen der neu zu schließenden Deckenfelder
.
Abb. 10 Verlegung der Holzweichfaserdämmung im Dachraum auf 21 mm starke Bohlen der neu zu schließenden Deckenfelder
.
Abb. 11 Verlegung der Holzweichfaserdämmung im Dachraum auf 21 mm starke Bohlen der neu zu schließenden Deckenfelder

4.3. Brandschutztechnische (F30) Ertüchtigung der Decke über dem 2. Obergeschoss

Die Deckenfelder im historischen Bestand wurden mit Eichenholzstaken, eingeschoben in eine seitliche Aussparung der Deckenbalken, geschlossen. Die Staken erhielten auf der Raumseite einen zweilagigen insgesamt 4 cm starken Strohlehmputz auf der Oberseite einen Langstroh-Lehmverstrich (Lehmschlagdecke), teilweise 4-6 cm stark. Ein 5 cm starker Gipsestrich bildet den oberen Abschluss.

In dem Nachtrag zur Baugenehmigung vom 22.08.2013 wurde jegliche Nutzung des Dachgeschosses, auch als Abstellmöglichkeit, ausgeschlossen. Somit sind Verkehrslasten > 1 kN/m2 auszuschließen.

Im Prüfbericht Pb10/12 des Prüfingenieurs für Brandschutz wurde gefordert, die Decke gemäß DIN 4102/4 von oben aufzurüsten.

Die neu ausgesetzten Deckenfelder wurden mit stumpf gestoßenen Bohlen geschlossen. Die Bohlen wurden von unten mit einem 4 cm starken Strohlehmputz verputzt. Entsprechend dem Regeldetail (gemäß DIN 4102-4 Pkt. 5.2.5) wurden auf der Oberseite 21 mm starke gespundete Bretter
verlegt. Anschlüsse und übergänge zu den historischen Deckenfeldern wurden mit einem Gipsestrich oder mit lehmgebundene Liaporkügelchen angearbeitet. An den historischen Deckenfeldern wurden lediglich Schäden innerhalb der Gipsestrichfelder mit einem Gipsestrichmörtel repariert.

Auf den Einbau eines schwimmenden Estrichs von oben zum Schutz gegen eine Brandbeanspruchung konnte verzichtet werden, da eine obere Beplankung oder Schalung aus 19 mm dicken Spanplatten oder aus 21 mm dicken gespundeten Brettern eingebracht wurde und keine Verkehrslasten über 1,0 kN/m2 auftreten.

Abschließend erfolgte die Verlegung der Holzweichfaserdämmung zwischen den Sparrenfüßen und in den ertüchtigten Deckenabschnitten.
.
Abb. 12 Alternative 1: kastenförmige Ummantelung der Konstruktion
.
Abb. 13 Alternative: 2 Innenliegendes Stahlschwert mit Stahlbolzen
.
Abb. 14 Alternative 3: Telleranker unterhalb

4.4. Einbau der Hängekonstruktion

2009 wurden infolge einer Notsicherungsmaßnahme vier Hängewerke zur Unterstützung des 21 Meter langen Unterzuges im ehemaligen Rittersaal eingebaut, der die gesamte Deckenlast - Deckenbalken mit dazwischen liegenden Deckenfeldern - trägt. Entsprechend den Anforderungen des 2. Nachtrages der Baugenehmigung und der Grundlage des Prüfberichtes (Prüfbericht 10/12 vom 14.05.2012, Prüfer Herr Schellknecht, Statik
Ingenieurbüro Hammer & Partner) mit der Einstufung der Decken- und Wandbereiche F30, die Festlegung der Nichtnutzung des brandlastenfreien Dachgeschosses sowie dem Einbau einer Brandmeldeüberwachung als Brandfrüherkennung im Dachraum, konnte die Ertüchtigung der gesamten Stahlkonstruktion hinsichtlich der Brandschutzanforderungen optimiert werden.
.
Abb. 15 Änderung der Hängekonstruktionen (Notsicherung 2009)
.
Abb. 16 Entfernen der Stahllaschen
.
Abb. 17 Anbringen eines Stahltellers
Die vier mit offenen Profilen am Firstpunkt befestigten Stahlseile umfassten den Unterzug auf der Unterseite mit Flachstahllaschen. Diese Zugseile und Stahllaschen konnten aufgrund der geringen Querschnitte nicht mittels Anstrich brandschutztechnisch ertüchtigt werden. Eine kastenförmige Ummantelung der Stahllaschen mit Promatplatten, an vier Stellen entlang des Unterzuges mit den Malereien des 16. Jahrhunderts - Wappen der Adelsfamilie und ihrer Familienmitglieder und Verbündeten darstellend - wurde aus denkmalpflegerischen Gründen abgelehnt.
  • Die brandschutztechnische Ertüchtigung der sichtbaren Stahllaschen und Zugseile im Saal erforderte zunächst das Lösen der 4 Zugstangen und die Aufhängung der Konstruktion an eine mittig durch den Unterzug geführte Zugstange mit einer runden Stahlplatte als unteren Abschluss.
  • Somit konnten die Flachstahllaschen entfernt werden. Oberhalb des Unterzuges, im Dachraum, wurde die zentral geführte Zugstange an Stahlwinkel befestigt, an deren Oberseite die vier Zugstangen der Konstruktion von 2009 gekontert wurden.
  • Der Rundstahl oberhalb der Deckenkonstruktion wurde bis zu einer Höhe von 50 cm mit einer Conlit-Ummantelung bekleidet.
  • Auch die Überdeckung des kreisrunden Stahltellers an der Unterseite des Unterzuges mit einem 5 cm starken Eichenholzdeckel (Ersatz für F60 Anstrich), konnte aufgrund der Stärke von 3,5 und dem Durchmesser von 28 cm in der Forderung geändert werden. Lediglich ein F30 Anstrich (Hensoterm 4KS) musste erfolgen.
  • Durch die neue Abhängung des Unterzuges konnte die historische Malerei an den Seiten des Holzes bewahrt werden und durch den Anstrich der Telleranker mit einer feuerfesten Farbe konnte eine Ummantelung des Bauteils abgewendet, der Brandschutz gewährleistet und das historische Bild des Rittersaals bewahrt werden.
    .
    Abb. 18 Änderung der Hängekonstruktionen (Notsicherung 2009)
    .
    Abb. 19 Anbringen eines Stahltellers